MPU-Ratgeber und Cannabis-News
19.11.2022
Was ist eine Kontraindikation bei Cannabis?
Strenge Kontraindikationen für einen Einsatz von Cannabinoiden sieht die Leitlinie in schweren psychiatrischen Erkrankungen, insbesondere Psychosen, auch wenn diese gerade nicht akut sind, in Schwangerschaft und Stillzeit. Als relative Kontraindikationen werden Suchterkrankungen (ICD 12.2 Cannabis-Abusus), aktuell oder in der Vorgeschichte, sowie Kindes- oder Jugendalter des Patienten genannt. Ganz im Sinne der Patientenorientierung werden diese Aussagen jedoch wie folgt relativiert: »In der Palliativsituation kann im Einzelfall trotz bestehender relativer oder strenger Kontraindikation ein Heilversuch mit Cannabinoiden indiziert und angemessen sein.« Zur möglichen Suchtentwicklung heißt es: »In therapeutischer Dosierung und medizinischer Anwendung gilt die Suchtgefahr in der Dauerverordnung von Cannabinoiden als gering.«
Interaktionen über CYP3A4
Für Apotheker besonders interessant ist der Absatz über mögliche Interaktionen mit Cannabinoiden. Diese werden über CYP3A4 verstoffwechselt, woraus sich ein Wechselwirkungspotenzial mit diversen Arzneistoffen ergibt. Explizit genannt werden die üblichen Verdächtigen Ketoconazol, Rifampicin, Carbamazepin, Phenytoin, Phenobarbital und Johanniskraut. Darüber hinaus sind aber auch Interaktionen mit den HIV-Wirkstoffen Indinavir, Nelfinavir und Ritronavir oder Saquinavir möglich, woran bei der Behandlung von kachektischen HIV-Patienten mit Cannabinoiden gedacht werden muss.
Pharmakologisch interessant sind zudem Aussagen zu den Wirkungen der einzelnen Cannabinoide. So werde dem Cannabidiol (CBD) ein hemmender Effekt auf psychische und somatische Wirkungen des Tetrahydrocannabinols (THC) zugesprochen, beispielsweise die Hemmung der Appetitanregung und der Herzfrequenzsteigerung durch THC. Andere Effekte seien synergistisch, so die Reduzierung von Entzündungen und Übelkeit. Auch gebe es Hinweise auf eine Hemmung der Angst, die gelegentlich durch THC ausgelöst wird. Insgesamt werde CBD gerne mit THC kombiniert, um die Verträglichkeit von THC zu verbessern. Quelle: PZ
Zu berücksichtigende Kontraindikationen bei Cannabis als Medizin
Für die bislang zugelassenen cannabinoidhaltigen Fertigarzneimittel werden in den
Fachinformationen folgende Kontraindikationen genannt:
#Sativex®6:
- ist kontraindiziert bei Patienten mit einer Allergie gegen Cannabisextrakte oder gegen
sonstige Bestandteile des Arzneimittels (Ethanol, Propylenglycol und Pfefferminzöl),
einer bekannten oder vermuteten Anamnese oder Familienanamnese von
Schizophrenie oder einer anderen psychotischen Krankheit, Anamnese von einer
schweren Persönlichkeitsstörung oder einer anderen erheblichen psychiatrischen
Störung mit Ausnahme von einer Depression in Folge von MS und bei Stillenden.
- Vorsicht gilt außerdem bei Kindern oder Jugendlichen unter 18 Jahren,
Schwangeren, älteren Menschen, Patienten mit erheblicher Leber- oder
Nierenfunktionsstörung, Patienten mit Epilepsie oder regelmäßigen Anfällen,
Patienten mit schwerer Herzerkrankung wie Angina Pectoris und bei Patienten, die
früher Drogen oder Suchtmittel konsumiert haben.
#Canemes®7:
- ist kontraindiziert bei Patienten mit bekannter Überempfindlichkeit gegen
Cannabinoide, bei Kindern oder Jugendlichen unter 18 Jahren, bei Patienten mit
schweren Leberfunktionsstörungen, bei psychischen Erkrankungen einschließlich
manisch-depressiver Erkrankungen und Depressionen und bei Stillenden.
- Vorsicht ist darüber hinaus bei Patienten mit Nierenfunktionsstörungen, mit
Suchtmittel- oder Medikamentenmissbrauch einschließlich Alkoholmissbrauch oder
Alkoholabhängigkeit, bei älteren Patienten und Patienten mit Hypertonie und
Herzerkrankungen geboten.
Müller-Vahl und Grotenhermen (2017)8
weisen auf folgende mögliche Kontraindikationen hin:
„Cannabis sollte bei Bestehen einer schweren Persönlichkeitsstörung, Psychose und
schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Schwangeren und stillenden Müttern nicht
verordnet werden. Wegen fehlender Daten sollte die Behandlung von Kindern und
Jugendlichen (vor der Pubertät) sehr sorgfältig abgewogen werden. Besonders bei
älteren Patienten können stärkere zentralnervöse und kardiovaskuläre Nebenwirkungen
auftreten.“
6 https://www.gelbe‐liste.de/produkte/sativex‐spray‐zur‐anwendung‐in‐der‐
mundhoehle_534377/fachinformation
7 https://www.gelbe‐liste.de/produkte/canemes‐1‐mg‐kapseln_976309/fachinformation
8 Müller‐Vahl, K.; Grotenhermen, F. (2017): Medizinisches Cannabis, Die wichtigsten Änderungen, in: Dtsch
Arztebl, 2017, 114(8): A 352–6
Quelle: Bundesärztekammer
Autor_RS - 12:49:28 @ MPU-Cannabis, MPU-Vorbereitung, MPU-Prüfungssimulation, MPU mit Drogenvorgeschichte, MPU mit Kontraindikation | Kommentar hinzufügen
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